1.11.2022

Gegen sinkende Renten ist die Politik nicht machtlos

Die Altersvorsorge der Schweiz basiert bekanntlich auf drei Säulen. Die erste Säule, die AHV, funktioniert nach dem Umlageverfahren, was bedeutet, dass das Geld, welches der AHV durch Lohnabzüge zufliesst, umgehend wieder in Form von Renten ausbezahlt wird.

Die zweite Säule, die Pensionskassen, nutzen das Kapitaldeckungsverfahrens. Das Alterskapital akkumuliert sich während rund 40 Jahren, ist einer bestimmten Person zugeschrieben und wird zum Zeitpunkt der Pensionierung in eine Rente umgewandelt oder ganz oder teilweise in Kapitalform bezogen. Für die Höhe der Pension sind drei Faktoren entscheidend. Die Höhe der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeträge und die Verzinsung, welche auch als „dritter Beitragszahler“ bezeichnet wird. Erhöht wird das Alterskapital zusätzlich durch freiwillige Einkäufe.

Die Zuger Pensionskasse wird per Januar 2023 den Umwandlungssatz von 6% auf 5.4% senken. Um diese Massnahme finanziell abzufedern, wird dem Alterskapital eine Zusatzverzinsung gutgeschrieben. Wer kurz vor der Pension steht, darf dank der Zusatzverzinsung mit einer ähnlich hohen Rente rechnen. Jüngere Arbeitnehmende können den tieferen Umwandlungssatz mit der Zusatzverzinsung hingegen nur teilweise oder gar nicht kompensieren. Die zu erwartende Rente wird im Vergleich zu heute deutlich tiefer sein. Da man nicht mit dauerhaft hohen Verzinsungen des Alterskapitals rechnen darf, bleibt für jüngere Angestellte als Kompensation nur das private Sparen und damit die dritte der drei Säulen.

Der Regierungsrat gab der Zuger Pensionskasse bisher ein modellmässiges Leistungsziel von 60% vor. Bei einer lückenlosen Berufskarriere soll eine Rente von 60% des letzten versicherten Gehalts resultieren. Abgeleitet davon heisst der Sparplan, welcher die Sparbeiträge abhängig vom Alter beschreibt, „Vorsorgeplan 60“.

Die Senkung des Umwandlungssatzes auf 5.4% führt dazu, dass das Ziel von 60% des letzten versicherten Gehaltes für jüngere Angestellte mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr erreicht werden wird. Ohne Gegenmassnahmen drohen für jüngere Angestellte empfindliche Renteneinbussen und es drängt sich die Frage auf, was man dagegen tun könnte.

Um das Leistungsziel weiterhin zu erreichen, könnte das Pensionsalter erhöht werden, eine einfache, aber sehr unpopuläre Lösung. Für Angestellte, welche aus gesundheitlichen Gründen nicht über das ordentliche Pensionsalter hinaus arbeiten können, wäre das Problem zudem ungelöst, da sie keine Möglichkeit hätten, die volle Rentenhöhe zu erreichen.

Viele Kantone haben ihre Kassen mit riesigen Beträgen ausfinanziert, was der Kanton Zug bisher nicht in Erwägung gezogen hat. Würden entsprechende Beträge zur Verfügung gestellt, könnten sie gezielt jenen Angestellten gutgeschrieben werden, welche das Leistungsziel am deutlichsten verfehlen.

Um das Leistungsziel langfristig halten zu können, kommt man aber wohl nicht um höhere Sparbeiträge herum. Die Sparbeiträge könnten beispielsweise um 2% erhöht werden. Die Angestellten hätten einen tieferen Nettolohn und der Kanton höhere Lohnnebenkosten.

Aus gewerkschaftlicher Sicht interessant ist auch eine Senkung des Koordinationsabzuges. Ein tieferer Koordinationsabzug führt zu einem höheren versicherten Gehalt und dadurch zu höheren Sparbeiträgen. Diese Massnahme würde sich hingegen nicht bei allen Einkommensklassen gleich auswirken. Angestellte mit tieferen Löhnen oder Teilpensen würden am meisten profitieren.

Die skizzierten Lösungsmöglichkeiten liegen allerdings nicht in der Kompetenz des Vorstands der Zuger Pensionskasse, da die Finanzierung der Zuger Pensionskasse im Pensionskassengesetz geregelt ist. Es braucht zukunftsweisende Vorschläge und einen politischen Diskurs, um die künftigen Renten langfristig und insbesondere auch für jüngere Angestellte auf dem jetzigen Niveau halten zu können. Der Kanton Zug ist in der privilegierten Lage, das aktuelle Leistungsziel auch bei einem tieferen Umwandlungssatz finanzieren zu können. Entscheidend sein wird einzig der politische Wille der Entscheidungsträger in der Regierung und im Kantonsrat. Es ist damit zu rechnen, dass dieses Thema im Verlauf der kommenden Legislatur traktandiert werden wird. Die Wahlen im Herbst bieten eine ausgezeichnete Gelegenheit, Kandidierende nicht nur auf Herz und Nieren, sondern auch hinsichtlich ihrer Haltung zur Altersvorsorge zu prüfen.

 

Autor: Simon Saxer, Vizepräsident des Lehrerinnen- und Lehrervereins des Kantons Zug und  Vorstandsmitglieder der Zuger Pensionskasse